Nordistik
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Kultur im Zeichen des Erstaunens

Exkursion zum 'Nordischen Klang'

01.05.2015 – 05.05.2015

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Der Nordische Klang in Greifswald ist das größte Festival für Kunst, Literatur und Musik aus Nordeuropa außerhalb Nordeuropas. Jedes Jahr Anfang Mai gastieren hier Größen und Geheimtipps der Kulturszene Skandinaviens und des restlichen Ostseeraumes. Eine kleine Gruppe Studierender besuchte das erste Festivalwochenende im Modulteil Kulturvermittlung gemeinsam mit Dr. Hanna Eglinger. Das Gastland des Nordischen Klangs war in diesem Jahr Norwegen und so war es die norwegische Botschafterin in Berlin, Elisabeth Walaas, die das Festival im alten Stadttheater eröffnete. Musikalisch begleitet wurde die Eröffnung vom ebenfalls norwegischen Trio Gammalgrass. Sie verbinden die norwegische Tanzmusik des 19. Jahrhunderts, den Gammaldans, mit amerikanischem Bluegrass, einer – vereinfacht gesagt – schnellen Version der Countrymusik. Die Mischung aus ihrer beeindruckenden Virtuosität und einem ungemein sympathischem Auftreten bewirkte, dass Gammalgrass spätestens nach ihrem abendfüllenden Konzert am zweiten Festivaltag zu den heimlichen Stars des Nordischen Klang avancierten.

IMG_0059Erstaunen hervorrufen – das war dieses Jahr das erklärte Ziel des Festivals. Und erstaunt war der vielleicht ein oder andere Zuschauer, als Gammalgrass das Thema von Super Mario auf Akkordeon, Geige und Kontrabass spielten. Erstaunt war vielleicht auch der ein oder andere Bach-Freund, als der estnische Jazz-Geiger Andres Mustonen den musikalischen Horizont seiner Zuhörerschaft mit Jazz-Interpretation von barocken Bach- und Händelstücken erweiterte. Und Erstaunt waren nicht zuletzt die Mitglieder der isländische Post-Rock Band Róa, als sie nach ihrem Auftritt eine Bestellliste für das noch nicht erschienene erste Album anlegen mussten. Róa, die in Greifswald ihr erstes Konzert im Ausland spielten, füllten die Annenkapelle in der Greifswalder Marienkirche mit ihrem monströs-melodischen Sound, der in seiner Ungezähmtheit und Tiefe durchaus Assoziationen mit der rauen Landschaft Islands weckt.

IMG_0063Mit dem Stummfilmkonzert zum Film „Das Eskimobaby“ gab es sogar noch eine Deutschlandpremiere in Greifswald. Die musikalische Untermalung zum Stummfilmklassiker von 1916, in dem die dänische Schauspielerin Asta Nielsen als Eskimodame Ivigtut eine bürgerliche Berliner Familie aufmischt, stammte von dem polnischen Komponisten Rafał Rozmus und wurde vom Philharmonischen Orchester Vorpommern aufgeführt. Neben all diesen unterschiedlichen nordischen Klängen bot das Festival zusätzlich Ausstellungen, Lesungen und Vorträge, von finnischer Gothic-Kultur bis zu Tranströmer-inspirierter Grafikkunst. Das Theater Vorpommern inszenierte außerdem den Ibsen-Klassiker Hedda Gabler. Mit eigenwilligem Schluss und einer Hedda als „Mädchen aus dem Osten“.

 
IMG_0058In enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Skandinavistik und Fennistik der Uni Greifswald fand an unserem letzten Tag auf dem nordischen Klang ein wissenschaftliches Informationsforum zum Thema „Katastrophen im Norden“ statt. Vor allem lag der Fokus auf Katastrophen in der Fiktion, beispielsweise Lars von Triers Melancholia oder Inger Christensens Alfabet. Thematisiert wurden aber auch ganz reale Ereigisse, wie der Terror eines Anders Breivik oder Dänemarks Niedergang von der regionalen Großmacht zu einem kleinen, einflussarmen Land,
Wenngleich die Rektorin der Universität Greifswald, Johanna Eleonore Weber, in ihrer Begrüßungsrede noch scherzhaft einräumte, die Stadt sei „vergleichsweise klein, vergleichsweise abgelegen, vergleichsweise arm“, können wir – zumindest für die Tage des Nordischen Klangs - konstatieren: Eines der kulturellen Zentren Nordeuropas liegt eindeutig in Mecklenburg Vorpommern.

Elisabeth Mayr

 

 

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