Nordistik
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Orkney Exkursion, 08.-15.06.2009

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Im Rahmen der Veranstaltung über die Wikinger-Expansion nach Westen haben wir uns im Juni die Erkundung der Orkneys vorgenommen und sind dort auf die Suche nach den Hinterlassenschaften der Nordleute gegangen.

Hier ist sich die Bevölkerung ihrer nordischen Vergangenheit wohl bewusst, und diese taucht in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens auf.

Die erste Etappe musste allerdings die schottische Hauptstadt Edinburgh sein, weil sich dort im Nationalmuseum die meisten Funde – in Form von Schnallen, Waffen, Runeninschriften und vielem mehr – finden lassen. Im Museum konnte man ebenfalls einen Blick auf die Kultur der Pikten werfen, jenes keltischen Stammes, dem die Wikinger im Nordschottland und auf den Inseln begegneten und mit dem sie sich letztendlich bis zu einem gewissen Grad vermischten.

moderne Wikingerfrauen
[moderne Wikingerfrauen]
Schachfigur von Lewis, 12. Jh.
[Schachfigur von Lewis, 12. Jh.]

Nach knappen zwei Tagen Aufenthalt in Edinburgh ging die Reise nach Kirkwall, der Hauptstadt des orkadischen Archipels, weiter. In einer gemütlichen Pension haben wir unser ‚Basiscamp’ gehabt, von dem wir uns mit Autos zu den Sehenswürdigkeiten begeben haben.

Die gesamte Inselgruppe weist eine sehr alte und kontinuierliche Besiedlungsgeschichte auf: Offensichtlich ist sie seit der Jungsteinzeit bevölkert gewesen, und die Spuren menschlichen Handelns sind überall vorhanden. Abgesehen von den zahlreichen Bautasteinen (sog. standing stones), sind Reste von Siedlungsanlagen, wie das spektakuläre Skara Brae und das Brough of Deerness, sowie unzählige Grabhügel, die unterschiedliche Formen aufweisen, zu finden.

Rundhaus von Skara Brae, ca. 3000 v.Chr.
[Rundhaus von Skara Brae, ca. 3000 v.Chr.]

Am wichtigsten unter den prähistorischen Sehenswürdigkeiten erscheint ein Komplex im mittleren Teil von Mainland, der sich aus verschiedenen Denkmälern zusammensetzt, nämlich den Steinkreisen von Brodgar und Stenness, vereinzelten Bautasteinen und dem mächtigen Grabhügel von Maes Howe. Die Konzentration der Denkmäler verbunden mit ihrer besonderen Lage – auf einem Isthmus zwischen zwei größeren Seen, als wäre es ein vorgegebener Prozessionsweg – spricht wahrscheinlich dafür, dass es sich um eine zentrale Kultstätte der Inselgruppe gehandelt haben könnte.

Stones of Stenness
[Stones of Stenness]

Der Grabhügel von Maes Howe ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Einerseits als Bauwerk der Bronzezeit, das durch das Einstrahlen der Sonne auf die Grabkammer im Inneren des Hügels zum Zeitpunkt der Wintersonnenwende die erstaunlichen Kenntnisse der Himmelskunde belegt, andererseits als spannender Runenfund mit etwa 30 Runengraffitis, die auf die Zeit der Kreuzfahrt von Jarl Rögnvaldr, Mitte 12. Jhs., datiert werden können. Trotz strenger Reglementierung der Besucherzeiten wurde uns dort eine ganze Stunde gewährt, damit enthusiastische ‚Feldrunologen’ die Lektüre der Graffitis vornehmen konnten.

Der Grabhügel von Maes Howe
[Der Grabhügel von Maes Howe]

Die Wikinger hinterließen aber nicht nur Runeninschriften auf den Orkneys: Auf der Gezeiteninsel von Birsay im Nordwesten übernahmen sie eine keltische Siedlung aus der Eisenzeit und bauten ihrem Brauch entsprechend Langhäuser; auf Mainland finden sich außerdem die atemberaubende St. Magnus Kathedrale sowie die Reste einer Rundkirche in Orphir.

Brough of Birsay mit der Siedlung
[Brough of Birsay mit der Siedlung]

Nachdem die Wikinger die Kontrolle über die Orkney- und Shetland-Inseln verloren hatten, regierten schottische Jarle die beiden Inselgruppen in relativer Unabhängigkeit von der Krone. Sie etablierten sich zunächst in Birsay, verlegten aber dann ihre Residenz nach Kirkwall, wo sie sich mit dem Bischof die Macht teilten. Sowohl der Jarl-Palast als auch der Bischofssitz sind in unmittelbarer Nähe der Kathedrale noch heute zu bewundern.

Damit es nicht nur bei der Hauptinsel blieb, haben wir uns am vorletzten Tag der Reise für einen Ausflug auf die Insel Rousay entschieden. Sie ist durch den ca. 3 km breiten Eynhallow Sound von der Hauptinsel getrennt. Die eher übersichtliche Fläche der Insel hat uns eine Rundfahrt erlaubt, bei der wir immer wieder Halt gemacht haben: Hier steht nämlich eine große Anzahl an Bauwerken aus der Jungsteinzeit, wie Kammergräber (sog. chambered cairns) sowie der gut erhaltenen Broch von Midhowe.

Broch of Midhowe, außen
[Broch of Midhowe, außen und innen]
Broch of Midhowe, innen

Eine Exkursion auf den Orkneys bedeutet eine Reise zurück in die entfernteste Vergangenheit der Menschheit, aus der man mit vielen Erkenntnissen zurückkommt.

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Die Wikinger vom Nordischen Institut lassen grüßen!