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Exkursion nach Grönland

Exkursionstagebuch Grönland 21.06.2012-01.07.2012

1. Tag, Donnerstag, 21.06.2012

Am 21.06.2012 machten sich elf Studenten, ein Professor und eine Dozentin vom Institut für Nordische Philologie München nach Grönland auf, um die Spuren nordischer Besiedlungsgeschichte, das Land und die Kultur zu erkunden.

Die Reise begann am Münchner Flughafen, spät abends gegen 22.00 Uhr. Nach ca. 3,5h Flugzeit erreichten wir die Hauptstadt Islands, Reykjavík, welche ca. 120.000 Einwohner zählt und somit die größte Stadt des Landes bildet. Es war der längste Tag des Jahres, an dem die Sonne fast nicht mehr unterging. Dieses erste Highlight weckte die reisestrapazierte Gruppe förmlich auf, wenngleich wir froh waren, in der Heilsarmee, unserer Unterkunft für die nächsten zwei Nächte, angekommen zu sein.

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2. Tag, Freitag, 22.06.2012

Voller Vorfreude und nach einer kurzen »Nacht« begaben wir uns auf Erkundungstour durch Reykjavík. Der Fußmarsch führte uns zuerst zum Nationalmuseum Þjóðminjasafn. In diesem wurde die Geschichte Islands ausgestellt und dies vermittelte uns einen guten Eindruck von der Geschichte der Besiedlung bis zur Gegenwart. Besonders interessant waren die mannigfaltigen Zeugnisse altnordischer Zeit, wie beispielsweise eine Bronzestatue von Thor, einige Fibeln, mittelalterliche Holzschnitzereien und zahlreiche Runeninschriften.

Bei sonnigem Wetter besuchten wir darauf den Aussichtspunkt Perlan (Warmwasserspeicher), wodurch wir einen faszinierenden Blick über die Stadt und die umliegende Landschaft genießen konnten.

Als nächstes erforschten wir die Innenstadt, welche durch zahllose kleine Geschäfte, Bars, Cafés und Kneipen ihren bezaubernden Charme entfaltete. Die Kirche Hallgrímskirkja bestach durch ihre eigenwillige moderne Baukunst und gab uns an der Spitze des Turms angekommen einen weiteren grandiosen Ausblick über die Stadtgrenzen hinaus. Erst im Jahre 1986 wurde die Kirche offiziell eingeweiht und gilt bis heute mit 74,5 m Turmhöhe als eines der höchsten Gebäude Islands. Vor der Kirche steht ein Denkmal für Leif Eriksson. Dieses Wahrzeichen von Reykjavík lässt sich auch auf vielen Postkarten wiederfinden.

Das nicht einmal ein Jahr alte am Hafen liegende Konzerthaus Harpa überzeugt durch futuristische Bauweise und bietet dem Isländischen Sinfonieorchester und der Isländischen Oper eine neue Spielstätte. Mit insgesamt 1600 Sitzplätzen entsteht eine außergewöhnliche Atmosphäre bei Aufführungen. In der Nähe des Konzerthauses befindet sich eine von dem bekannten Künstler Einar Jónsson geschaffene Statue zu Ehren von Ingólfur Arnarson, welcher als erster Besiedler die Landnahme Islands im Jahre 870 einleitete.

Im Anschluss daran besuchten wir das Kulturhaus Þjóðmenningarhúsið. Hier wurden altnordische Manuskripte wie die Flateyjarbók oder der Codex Regius ausgestellt. Nicht nur ausgesprochene Altnordisten kamen bei solch interessanten und einzigartigen Ausstellungsstücken auf ihre Kosten.

Den Abschluss eines ereignisreichen und spannenden Tages bot uns das EM-Viertelfinalspiel Deutschland gegen Griechenland, das wir zusammen mit Isländern und anderen Nationalitäten ausgelassen genossen und einen guten Eindruck von der abendlichen Freizeitgestaltung auf Island gewannen.
(Alex)

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3. Tag, Samstag, 23.06.2012

Am Morgen haben wir das Museum »Reykjavík 871±2« über die Besiedelung Islands besucht. Gegen Mittag war es dann endlich soweit: auf nach Grönland. Mit einer Propellermaschine, einer Fokker 50, machten wir uns auf den Weg nach Narsarsuaq. Atemberaubend war beim Flug der Blick auf die Fjorde, Gletscher, Berge und natürlich das Inlandeis während der Überquerung Grönlands. Von Narsarsuaq ging es mit einem kleinen Boot, das gerade genügend Sitzplätze für unsere Gruppe hatte, weiter nach Qaqortoq. Auf der zweistündigen Fahrt durch den Fjord bot sich uns eine beeindruckende Landschaft dar und besonders eindrucksvoll waren die treibenden Eisberge, welchen man mit dem Boot unglaublich nahe kam. Vom Hafen wurden wir per VW-Bus zu unserer Unterkunft, der »Sulisartut Højskoliats Vandrehjemsafdeling«, gebracht. Nach dem Abendessen (Nudeln mit Lachssoße bzw. Gemüse) ist die Hälfte der Gruppe gegen 23 Uhr noch zu einer spontanen Nachtwanderung auf den Berg hinterm Haus aufgebrochen. Der Blick bei Sonnenuntergang über die Stadt und den Fjord hat diesen Tag voll neuer großartiger Eindrücke wunderbar abgerundet.
(Jeannine)

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4. Tag, Sonntag , 24.06.2012

Am Sonntag stand eine Wanderung um den See Tasersuaq auf dem Plan. Gut ausgerüstet mit Mückenschutzmitteln und Mückennetzen oder Schals, die kurzerhand dazu umfunktioniert wurden, machten wir uns auf den Weg den »großen See«, wie er übersetzt heißt, zu umrunden.

Auf dem Weg hatten wir nicht nur einen schönen Blick auf den See und Qaqortoq, sondern an einzelnen Stellen auch auf den Fjord mit Eisschollen. Kurz nach der Mittagspause trennte sich unsere Gruppe dann. Der Großteil beendete die Seeumrundung auf ebenen Wegen, während ein paar ganz engagierte Teilnehmer den See lieber von oben betrachten wollten und querfeldein über einen Gipfel zurück gingen.

Zurück in unserer Unterkunft brachen mehrere von uns noch einmal zu kleineren Spaziergängen in und um Qaqortoq auf. Ein anderer Teil wandte sich lieber dem Fußballspiel Italien gegen England zu, bei dem ungeahnte Leidenschaften mancher Exkursionsteilnehmer zum Vorschein kamen.

Zum Abschluss des Tages wurden schließlich noch, je nach Geschmack, Pfannkuchen oder Lammkoteletts aufgetischt.
(Katharina)

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5. Tag, Montag, 25.06.2012

Unseren dritten Tag auf Grönland begannen wir mit einem Besuch des Museums in Qaqortoq. Hier, im roten bzw. blauen Zimmer unter dem Dach, wurden in den 30ern die Gäste der Stadt untergebracht. So startete beispielsweise Knud Rasmussen von Qaqortoq aus seine Expeditionen nach Ostgrönland und auch Charles Lindbergh verbrachte mit seiner Frau 1933 einige Tage dort. Im Rest des kleinen Museums konnten wir mehr über die Kultur der Inuit, ihre Kleidung und Werkzeuge lernen und außerdem wurden Werke lokaler Künstler ausgestellt, die sich mit den Mythen der Inuit beschäftigen. Besonders beeindruckend waren hierbei die kunstvollen Tupilait von Aaron und Cecilie Kleist. Die kleinen, grotesk verdrehten Figuren, die aus Tierknochen und -zähnen geschnitzt werden, dienen der grönländischen Mythologie zufolge dazu Feinden Schaden zuzufügen und stellen heute ein beliebtes Souvenir für Touristen dar.

In einem zweiten Gebäude widmete sich das Museum auch der Geschichte der nordischen Siedler auf Grönland und speziell der Kirchenruine von Hvalsø. Diese gilt als am besten bewahrter Überrest der norrönen Besiedlung Grönlands und da wir leider keine Gelegenheit hatten, sie zu besuchen, stellte die Ausstellung einen kleinen Ersatz für uns dar.

Gleich im Anschluss an unseren Museumsbesuch erhielten wir eine Führung durch die Gerberei in Qaqortoq, die sich seit den 90ern in staatlicher Hand befindet. Mit 45 Angestellten ist das »Great Greenland Furhouse« einer der größten Arbeitgeber der Stadt und da es seine Felle aus ganz Grönland bezieht, trägt es auch zur Existenzsicherung vieler Robbenjäger des Landes bei. Von den vielen verschiedenen Robbenarten werden in der Gerberei jedoch nur die Felle der Sattel- und Ringelrobbe verarbeitet. Zum Vergleich wurden uns zu Beginn der Führung jedoch auch die Felle der vielen anderen Robbenarten sowie von Eisbären (von denen pro Jahr ca. 50 geschossen werden dürfen), Moschusochsen (140 pro Jahr) und Rentieren gezeigt.

In der Gerberei selbst werden die Felle zunächst in großen Waschmaschinen, in die je nach Größe der Tiere 600-1000 Felle passen, bis zu drei Wochen lang wieder und wieder gewaschen. Anschließend werden sie getrocknet, die Lederseite wird geglättet und die Felle in Qualitätsklassen sortiert. Auch das Färben in den unterschiedlichsten Farben von rot über neongrün bis gelb und die tatsächliche Verarbeitung der Felle zu Taschen, Mänteln, Hausschuhen etc. finden in der Gerberei statt. So werden jährlich ca. 50-60.000 Felle verarbeitet – die Produktionsspitze 2005 lag sogar bei unglaublichen 117.000 Fellen.

Nach diesem interessanten Einblick in Grönlands »Modeindustrie« war es dann schon wieder Zeit für den Aufbruch und wir wurden per Boot in das 45 Minuten entfernte Igaliku transportiert, ein 30-Einwohner-Ort, der hauptsächlich von der Schafzucht lebt.

Hier hatten wir auch zum ersten Mal die Möglichkeit, Überreste der nordischen Siedler zu besichtigen: nämlich den Bischoffssitz Garðar. Mit etwas Phantasie ließen sich vor allem die Ruinen der Kuhställe und der Kirche aus Sandstein erkennen, in der man die Überreste eines Bischofs (wahrscheinlich des 1209 verstorbenen Bischofs Jon Smyrill) gefunden hat.

Zum Ausklang dieses ereignisreichen Tages unternahmen wir schließlich noch eine kleine Wanderung auf die das Dorf umgebenden Hügel und genossen von dort, mit Blick auf beide Seiten des Fjordes, den Sonnenuntergang.
(Natascha)

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6. Tag, Dienstag, 26.06.2012

Hitze, Anstrengung … aber endlich die Belohnung: Eisberge!

Frühstück: Es scheint so, als wären alle – oder fast alle – noch beim Spiel des vorigen Abends. Einige scheinen noch zu schlafen wie arme Bürger, die anderen essen wie die Wölfe. Dann – nachdem einige netterweise für alle einkaufen gegangen sind – geht’s wirklich los! Heute ist eine Wanderung vorgesehen, bis zum See und dann weiter bis zum Plateau.

Die Wanderung beginnt ganz gemütlich – wunderschönes Wetter, ein nicht so schwerer Weg. Und vor allem: Keine Mücken! So kommen wir in ein paar Stunden zum See, von einem Hund gefolgt. Der scheint ganz brav und entspricht gar nicht dem Typus, vor dem einige Grönländer Michaela in Qaqortoq gewarnt hatten.

Um 12 gemütliches Essen am See. Und es ist die Zeit gekommen, unserem neuen »Reiseführer« (dem Hund) einen Namen zu geben. Herr Heizmann ist der schnellste und nennt ihn »Leif«. So tauchen wir in eine wirkliche Saga-Atmosphäre ein.

Nach dem Essen weiter zum Plateau. Und langsam kommen die ersten kleinen Probleme: Unser heutiger Feind sind nicht die Mücken, sondern die Hitze. So läuft man langsam und versucht, die Hitze mit Wasser oder Tee zu kämpfen. Es scheint so, als möchte Grönland uns »prüfen« – als wollte die Insel uns etwas zeigen.

Indem wir uns dem Plateau nähern, beginnen wir zu verstehen. Der von der Hitze anstrengend gemachte Weg führt zum Plateau; das bedeutet zu einem der schönsten Orte, die wir bisher in Grönland erlebt haben. Von seiner Höhe kann man den Fjord sehen. Und jetzt kommt die unvergessliche Überraschung und das fantastische Geschenk: viele Eisberge!

Wenn man eine Sprache lernt, ist es genauso. Am Anfang muss man sich mit »banalen« Sachen anstrengen. Die Grammatik macht den Weg schwieriger – man muss immer Regeln befolgen. Unsere Regeln sind jetzt Steine und vor allem Hitze. Wenn man sich anstrengt, die Regeln befolgt, wird man belohnt. Am Ende des Wegs kommt das Geschenk, die Belohnung: Im Fall der Sprache die Literatur; in unserem Fall die Eisberge. Ja, Eisberge: Die Literatur, wo die Sprache kein Wort hat, wo die Sprache zum Erstaunen wird. Eine Welt, in der die Zeit unendlich scheint. Eine Welt, von der auch »unser« Leif verführt wird. Es scheint so, als wollte er uns bitten, länger zu bleiben.

Aber langsam sollten wir zurückkehren. Wir folgen jetzt einem einfacheren, schnelleren Weg und kommen wieder zu unserer Jugendherberge. Nach einem schönen Abendessen sind wir alle wieder in Form.

Wir können zufrieden ins Bett gehen: Wir sind jetzt wie Norweger, die »på den saganatt som senker drømmer på vår jord« denken.
(Sergio)

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7. Tag, Mittwoch, 27.06.2012

Am Mittwoch war dann mal wieder Frühaufstehen angesagt, da wir einen einstündigen Fußmarsch zur Bootsanlegestelle in Itilleq vor uns hatten. Da Gepäck und Fußkranke mit dem Auto gefahren wurden, stellte uns das jedoch vor keine größeren Probleme – die frische Morgenluft wirkte hier als wahrer Muntermacher. Nach einer rund einstündigen Fahrt durch den Eriksfjord (Tunulliarfik) erreichten wir Qassiarsuk – das alte Brattahlíð.

Unsere Unterkunft war schnell gefunden – in einem Ort von 47 Einwohnern keine unlösbare Aufgabe. Bei der Ankunft im »Leif Eriksson Hostel« mußten wir zunächst feststellen, daß wir die ersten Gäste der Saison waren und die Bauarbeiten im Haus keineswegs abgeschlossen. Der Herbergswirt, wie einige der anderen Mitarbeiter hier ebenfalls spanischer Provenienz, sorgte aber schnell für Entspannung, als wir uns auf der Terrasse niederlassen konnten und mit Kaffee, Tee und Keksen bewirtet wurden. Da das Frühstück am Morgen für einige ausgefallen war, nutzten wir die Gunst der Stunde und erweiterten die Kaffeerunde zu einer ausgewachsenen Mahlzeit. Unvermittelt zauberte Herr Heizmann diverse Brotlaibe unterschiedlichsten Geschmackes hervor, was einige spontan dazu verleitete, den Ort auf »Brauðahlíð« umzutaufen. Derartig gestärkt machten sich einige auf Weg, den hiesigen Supermarkt auszuplündern. Da für den Abend Chili auf dem Speiseplan stand, war es einigermaßen ernüchternd, dort keine Bohnen vorzufinden. Der dafür vorgesehene Platz im Regal mußte offenbar der hier beliebten Gewehrmunition weichen. Als Entschädigung gönnten sich die Männer einen Kasten Bier – mit fast 60 € kein billiges Vergnügen. Zum Glück stand uns im Hostel ein großer Kühlschrank zur Verfügung, der jedoch ständig einen Spalt geöffnet bleiben mußte, um kein Eis anzusetzen (für die Liebhaber eiskalten Biergenusses jedoch eher ein Vorteil).

Am Nachmittag war dann wieder Kultur angesagt. Die in Sichtweite liegenden Zeugnisse der Wikinger riefen – und wir kamen. Angefangen bei der unvermeidlichen Statue von Leif Eriksson (interessanterweise scheint es überhaupt nur ein Denkmal für Erik den Roten zu geben – hier in Qassiarsuk, während einem sein Sohn überall in der heutigen nordischen Welt begegnet) ging es zu den Grundfesten von Þjóðhilds Kirche. Nach dem quasi eintausendjährigen Torfsockel wurde auch die benachbarte moderne Kirche besichtigt. Von großem Interesse waren die Nachbauten von Þjóðhilds Kapelle sowie eines typischen Langhauses aus dieser Zeit. Leider konnten wir keinen Blick ins Innere der Gebäude werfen, da diese verschlossen waren. Stattdessen nutzten einige die Zeit zu einem kleinen Nickerchen am Fjord. Den Abschluß der Besichtigung markierten die Ruinen des alten Hofes Eriks des Roten. Von einer benachbarten Anhöhe aus hatte man einen guten Überblick über Aufbau und Struktur einer solchen mittelalterlichen Siedlung, während die auch heute noch vergleichsweise üppige Flora der Umgebung verriet, warum Erik gerade diesen Platz für seinen Hof erwählte.

Für nicht weniger Interesse sorgte nun ein kleiner Eisberg, den es langsam aber sicher auf den Strand zu trieb. Einige Verwegene wählten die rabiate Methode und leckten den Eisberg direkt im Wasser ab, während es andere später vorzogen, ein Bruchstück einzusammeln und mit ins Hostel zu nehmen. Dort gab es dann ein großes Hallo, als mit Würfeln aus tausendjährigem Gletschereis aufgepeppter Whisky auf der Terrasse die Runde machte. Dank unseres großen Kühlschrankes überlebte der Eisberg auch die folgenden Nächte, und wenn er nicht geschmolzen ist, so liegt er noch heute in einer Tiefkühltruhe in Narsarsuaq!

Trotz des Mangels an Bohnen im hiesigen Supermarkt gelang es aufgrund der mitgebrachten Vorräte am Abend doch noch, ein schmackhaftes Chili con Carne zuzubereiten (für die Vegetarier gab’s ein Chili con Soja …). Die Benutzung der Gerätschaften in der Großküche des Hostels machte offenbar derartig viel Spaß, daß auch beim Umgang mit Gewürzen nicht gegeizt wurde. Diesmal waren es getrocknete Chilischoten, die einigen die Tränen in die Augen trieben und nach Milch rufen ließen. Die anschließende Portion Speiseeis kühlte die Gemüter aber schnell wieder und sorgte für zusätzliches Verpackungsmaterial für die fast schon obligatorischen Reste, die dann zu einem späteren Zeitpunkt dem einen oder anderen müden Wandersmann wieder auf die Beine halfen. Den Abschluß des Abends bildeten einige Runden des Gesellschaftsspieles »Werwolf«, welches am Ende die Bürger für sich entscheiden konnten.
(Marco)

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8. Tag, Donnerstag, 28.06.2012

Nachdem der vorherige Tag vor allen Dingen dem Ausruhen von der mit insgesamt 9 Stunden recht ausgedehnten Wanderung zum Aussichtspunkt Narsaarsuk mit herrlichem Blick auf den Qooqup Sermia-Gletscher am Dienstag und der Erkundung der wikingischen Kultur in Brattahlíð gewidmet war, galt der heutige Donnerstag erneut der körperlichen Ertüchtigung im Sinne einer langen Wanderung.

Recht früh, etwa gegen 9:45 Uhr brachen wir, um die etwas gehandicapte Melanie geschwächt, auf zur Wanderung zu einem weiteren Aussichtspunkt, diesmal mit Ausblick auf einen Gletscher, der den klingenden Namen »Eqalorutsit Kangilliit Sermiat« trägt.

Zum ersten Mal folgten wir dabei – vorerst jedenfalls – grönländischen »Straßen«, die auch dem geneigten städtischen Mitteleuropäer als solche erscheinen konnten – natürlich weit von jeglicher Art Befestigung entfernt zog sich der etwa ein Auto breite, mit rotem Kies und Sand bedeckte Weg über das hügelige Gebiet im Hinterland von Qassiarsuk auf und ab, vorbei an kleinen Seen und größeren Grasflächen, die von kleinen Grüppchen zumeist dreier Schafe und einer kleinen Herde Pferde als Weiden benutzt wurden. Immer höher stieg unser Weg, bevor wir ihn nach einer kleinen Mittags- und Verschnaufpause mit Schaf-Watching verließen und langsam aber sicher erneut eine steilere Bergwand über einen Trampelpfad erklommen, die den Blick auf die Fjorde ringsum freigab.

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Auf einer höheren Kuppe, von der aus man bereits einen herrlichen Blick auf den majestätischen Gletscher samt im Fjord davor treibenden Eisbergen hatte, streckte dann ich die Waffen und überließ es dem Rest der Gruppe, den felsigen Gipfel des Berges über die letzten 20 Höhenmeter zu erkraxeln und sich damit um die Auszeichnung der »Goldenen Gams 2012« zu bewerben. Nach der Auskundschaftung des Wegs durch Hr. Heizmann machten wir uns an den Abstieg, wobei sich Hr. Heizmann als Führer über den »leichteren Weg« querfeldein hervortat. Vorerst ohne jeden erkennbaren Trampelpfad bahnten wir uns selbst einen Weg durch die mit Heidekraut bewachsene Landschaft, direkt an den vielen kleinen Seen und Tümpeln vorbei, aus denen bei Bedarf frisches Trinkwasser requiriert werden konnte – wenn es denn nicht doch zu grünlich war. Seen, Hügel, Heidekraut und Schafsweiden mit Bergen und Fjord im Hintergrund erweckten dabei das Gefühl, sich in die schottischen Highlands verirrt zu haben (nur dass in Schottland wohl eher die Schafe statt der Weiden eingezäunt sein dürften…). Schließlich erreichten wir nach Umrundung eines kleineren Sees dessen Ausflussbach in Richtung Fjord, an dem entlang wir nach Qassiarsuk zurückkehrten.

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Dort kamen wir tatsächlich und Alexanders Hoffnung entsprechend noch rechtzeitig genug, dass sich die männliche Hälfte der Exkursionsteilnehmer flugs vor einen der PCs platzieren und per Internet-Livestream das EM-Halbfinale Deutschland – Italien verfolgen (Italienisch: bejubeln; zu Deutsch: erleiden) zu können. Italien führte alsbald 2:0, was unseren Lieblingsitaliener Sergio zu einem zufriedenen Grinsen und andere zu spontanen Unmutsäußerungen veranlasste, die den fußball-uninteressierten Teil der Exkursionist(inn)en wohl nur dazu brachten, sich seinen bzw. ihren Teil zu denken. Deutschland schaffte immerhin kurz vor Schluss noch den Ehrentreffer, währenddessen sich Sergio daran machte, in Form original italienischer Spaghetti Bolognese für unser leibliches Wohl und selbst bei den enttäuschstesten Deutschland-Anhängern für aufgehellte Stimmung zu sorgen. Wenn wir uns schon von den Italienern besiegen lassen müssen, können wir uns wenigstens auch kulinarisch von ihnen verwöhnen lassen J.

Für den Ausklang des Abends sorgten schließlich der für 60 € erstandene Kasten Royal Easter, die schon patentierte 4+1-Schafkopfrunde aus Julian, Marco, Alex, Michaela und mir sowie eine Partie Uno. Vor dem Zu-Bett-Gehen fotografierten Michaela, Marco und Alex pflichtbewusst das verglichen mit dem omnipräsenten Leif Erikson etwas unscheinbar geratene Denkmal für Erik den Roten in direkter Nähe des Hostels, bevor schließlich, einmal mehr erschöpft aber glücklich, die Lichter gelöscht wurden.
(Andreas)

9. Tag, Freitag, 29.06.2012

Nach dem Frühstück um 8 Uhr gingen wir gemeinsam gegen 9 Uhr zur Bootsanlegestelle in Qassiarsuk, wo wir um 9:20 Uhr von einer Fähre abgeholt und nach Narsarsuaq gebracht wurden. Nach dem Bezug der Zimmer in der hiesigen Jugendherberge (Narsarsuaq Youth Hostel), brachen wir gegen 10:30 Uhr zu einer Wanderung zum etwa 6km entfernten Gletscher auf. Der Weg führte durch das »Blomsterdal« und dauerte etwa sechs Stunden. Gegen 16 Uhr kamen wir zur Jugendherberge zurück. Um 20 Uhr ging es schließlich in das Restaurant des Hotels in Narsarsuaq, um die erfolgreiche Exkursion gemeinsam ausklingen zu lassen.
(Melanie)

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10. Tag, Samstag, 30.06.2012

Dieser Samstag war der letzte richtige Tag einer wirklich spannenden und erlebnisreichen Reise. Obwohl man ja meinen könnte, dass wir nach über einer Woche langsam genug voneinander hätten haben müssen, schien niemand so richtig Lust auf das Ende dieser Reise zu haben, war die Exkursion doch für alle ein wahres Erlebnis voller Begeisterung für jede noch so kleine Eisscholle und jeden Gletscher, die auch nach einer Woche immer noch Erstaunen hervorriefen.

Der letzte Tag begann wie fast immer, nämlich mit einem leckeren Porridge-Frühstück, das selbst nach einer Woche noch mit heimischen Trockenfrüchten aufgebessert werden konnte. Danach folgte der auch schon fast obligatorische Gang zum Supermarkt, der sich auf dem Rückweg dank des starken Gegenwinds beinahe schon zu einer kleinen Wanderung entwickelte. Bevor wir Grönland endgültig verließen, mussten wir ein letztes Mal packen und alle Gegenstände in unseren Rucksäcken verstauen, die mit jedem Mal Neu-Packen kleiner zu werden schienen.

Nachdem wir unser Gepäck am Flughafen untergebracht hatten – an welchem Flughafen der Welt könnte man sonst sein Gepäck einfach so in der Halle stehen lassen – besuchten wir das Thule Air Base Museum, ein Museum, das das Leben des amerikanischen Stützpunkts auf Grönland dokumentiert. Amerika hatte von 1941 bis 1958 in Narsasuaq einen Stützpunkt und das Museum versucht, vor allem anhand vieler privater Bilder, das Leben der Amerikaner auf Grönland zu zeigen. Ergänzt wird die Ausstellung außerdem von einem Raum zur nordischen Besiedlung Grönlands; man kann nachlesen, wie Erich der Rote Grönland erreichte und besiedelte und auch die Vinlandfahrten der Wikinger und mögliche Runenentdeckungen in Amerika spielen dabei eine Rolle, wie auch die Rekonstruktionserklärungen zu den Siedlungsüberresten in Grönland. Nach einem Raum mit einheimischen Vogelarten, konnten wir verschiedene Gegenstände der amerikanischen Air Base ansehen. Neben Waffen, Flaggen oder sogar einem OP-Bett gibt es verschiedene Alltagsgegenstände, die das Leben anschaulich machen sollen. Amüsant war die Entdeckung, dass sich auch die Amerikaner für Gletschereis in ihren Drinks begeistern konnten.

Nach dem Besuch im Museum hatten wir noch ein bisschen Zeit zur freien Verfügung, bevor uns das Flugzeug zurück nach Island und dann weiter nach Deutschland brachte, wobei wir noch nicht ahnten, wie lange der Rückflug tatsächlich dauern würde. Zum Zeitvertreib bis dahin wurde Verschiedenes unternommen: einfach ein entspannter Café-Besuch, ein Uno-Spiel in der Lobby des Hotels, eine kleine Wanderung zum einzigen natürlichen Wald in Grönland, ein kleiner Spaziergang zum Strand…

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Gegen drei Uhr versammelten wir uns wieder am Flughafen und nach diversen Koffer- und Handgepäckkontrollen (wer konnte denn wissen, dass leere Thermoskannen im Handgepäck plötzlich problematisch sind), konnten wir auch schon in das Flugzeug einsteigen. Während des Starts genossen wir den letzten Ausblick auf das Inlandeis, die Fjorde mit den herrlichen Eisschollen und auch einen letzten Blick auf die schöne, vereiste Landschaft. Vor uns lag eine fast 13-stündige Rückreise in drei verschiedenen Flugzeugen, aber mit der Erinnerung an eine wunderbare Exkursion, die vielleicht schöner war, als wir es uns zuvor vorstellen konnten.
(Jennifer)

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11. Tag, Sonntag, 01.07.2012

Die längste Nacht unseres Lebens

Es ist schwer zu sagen, wann und wo der Tag genau begann. Manche behaupten, es war 22 Uhr isländischer Zeit, bei anderen war es 0 Uhr MEZ. Vielleicht war es auch irgendwann zwischen 20 Uhr und 0 Uhr südgrönländischer Zeit. So genau kann man das nicht sagen. Die Mehrheit entschied sich jedenfalls für ersteres.

So begann der 1. Juli also um 22 Uhr am Busbahnhof in Reykjavik mit einem angemessenen Geburtstagsständchen für Melly, die ihr erstes Vierteljahrhundert so gebührend wie möglich feierte. Dass besagter Busbahnhof offenbar ein äußerst beliebter Treffpunkt ist, zeigte die Tatsache, dass sich dort auch eine uns bekannte Bachelorstudentin aufhielt.

Nach der wenig aufregenden Fahrt in Richtung Keflavík und längerer Wartezeit am Check-In-Schalter von Air Berlin wurde ein Großteil der Exkursionsteilnehmer an den mittlerweile berüchtigten Schalter 41 weitergeleitet, der offenbar als einziger geeignet war, unsere Massen an Sperrgepäck zu bewältigen. Als wir endlich im Flugzeug saßen, glaubten wir schon, das Schlimmste überstanden zu haben, doch Air Berlin und der Flughafen der deutschen Hauptstadt sollten uns eines Besseren belehren. Aufgrund eines Computerausfalls (vielleicht durch die Unmengen an Sperrgepäck verursacht?) verzögerte sich der Abflug um ca. eine Stunde und wir fürchteten bereits um unseren Anschlussflug Richtung München. Gott sei Dank hatte Air Berlin auch dafür eine Lösung parat und sorgte für eine einstündige Verspätung desselbigen. Die zusätzliche Zeit in Berlin ermöglichte es uns, Mellys Geburtstag auch noch mit Kuchen und Grönlandfahnen zu feiern. Auch für heitere Freizeitaktivitäten blieb genügend Zeit und so vertrieb man sich die Wartezeit mit Schafkopf, Frauenzeitschriften und Kreuzworträtseln.

Die letzte Etappe erwies sich zumindest für die Autorin des Textes als sehr kurz, sodass diesbezüglich von keinen besonderen Vorkommnissen berichtet werden kann. Am Flughafen in München trennten sich die ersten Teilnehmer von der Gruppe und der große Abschied begann. Diejenigen, die nicht das Glück hatten, von Familienangehörigen, Freunden oder sonstigen Bekannten abgeholt zu werden, setzten ihre Reise mit der S-Bahn fort. Diesmal ohne Zwischenfälle. Nach und nach verabschiedeten sich alle voneinander um sich nur wenige Tage darauf im Hauptseminar wiederzusehen. Und damit endete der anstrengende letzte Tag einer wunderbaren Exkursion.
(Martina)

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