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Bericht über eine Recherchereise

Kopenhagen 2015

15.09.2015

450px-StruenseeDrei lange, intensive, aber auch erfolgreiche und spannende Wochen sind vorbei. Was bleibt in der Erinnerung an diesem Mittwoch, wieder in München? Zunächst selbstverständlich die Stadt, die Fußgängerzone, das instabile Wetter, vor allem aber das Wasser. Und zwar die Kanäle, der Nyhavn... Wasser als Leitmotiv, wiederkehrendes Element in den Spiegeln des schwarzen Diamanten, Sicherheit für den italienischen Doktoranden aus der Hafenstadt Genua. Wasser ist als Wortteil sogar in dem Namen „Struensee“ enthalten. Und Struensee ist das klare, fast obsessive zweite Leitmotiv meines Aufenthalts in Dänemark, der der Recherchearbeit für meine Dissertation galt. Zum Glück habe ich nicht nur andere literarische Versionen (einige auch, ehrlich gesagt, interessante) gefunden, sondern vor allem einen „neuen“ Struensee entdeckt. Es ist der junge Arzt, der eine lustige, unkomplizierte Zeitschrift veröffentlicht und dort vielleicht auch selber einige Artikel schreibt. Es ist aber auch die „Entdeckung“ einer wahnsinnigen Sammlung, der von Luxdorph: 45 Bände, die Artikel, Gedichte, Schmähschriften und Psalmen aus der Zeit nach der Einführung der Pressefreiheit bzw. Druckfreiheit enthalten. Davon enthalten sogar fünf oder sechs ausschließlich Schmähschriften gegen Struensee, so in der Art „Der Arzt Struensee spricht mit Beelzebub“, „Struensee erzählt einen Traum“, „Struensee schreibt sein Testament“ usw.

DSCF0528Sicherlich bleibt auch eine kleine Emotion, originale Unterlagen gesehen haben zu können. Briefe an Struensee, kleine Zeichnungen des Königs, Verhörprotokolle – alle überraschen durch ihre Einfachheit, als wollten sie von Anfang an sagen: Wir werden sicherlich vergessen, keiner wird uns lesen.
Last but not least: die Menschen, die ich getroffen habe. Es bleiben Anekdoten über Anekdoten bezüglich Struensee, aber auch des privaten Lebens oder der zukünftigen Projekte. Viele Gesichter, viele Stimmen: von der jungen, enthusiastischen Zeichnerin, die mit der Geschichte des Struensee ihr Debüt markiert, bis zu dem quasi italienisierten Komponisten, dessen nächstes Projekt eine Oper über Luther sein wird.

Sergio Ospazi, München, den 15.9.2015

Gespräche mit:

  • Michael Bregnsbo, historischer Lektor an der Universität Odense und Berater für Arcels Film; Autor einer Biographie über die Königin Caroline Mathilde
  • Ulrik Langen, Professor für Geschichte an der Universität Kopenhagen und Berater für Arcels Film; Autor einer Biographie über den König Christian VII.
  • Michael Alexander Langkjær, historischer Lektor an der Universität Kopenhagen; Autor einer kontrafaktischen Geschichte des Struensee
  • Karoline Stjernfelt, Zeichnerin
  • Sebastian Olden-Jørgensen, historischer Lektor an der Universität Kopenhagen; kritische Stimme gegen Arcels Film
  • Niels Brunse, Schriftsteller und Dramaturg & Bent Fabricius-Bjerre, Komponist des musicals „Hofskandalen“
  • Bent Holm, Dramaturg und dänischer Übersetzer von Dario Fo
  • Bo Holten, Komponist
  • Sven Holm, Dramaturg und Novellist, Autor von „Struensee var her“

Besichtigte Orte für die Geschichte des Struensee:

  • Hofteater – Christiansborg Slot
  • Frederiksborg Slot
  • Frederiksberg Slot
  • Rosenborg Slot
  • Kronborg Slot
  • Sankt Petri Kirke
  • Hørshølm Egnsmuseum

Auswahl der konsultierten Werke:

  • Svend Aage Madsen: Dødens teater, 1987
  • Erik Balling: Skandalen, 1996
  • Luxdorph Samling af Trykkefrihedens Skrifter, vor allem die Bd. 6 und 7 der 2. Reihe
  • J. F. Struensee (Hg.): Zur Belustigung, 1763.
  • Verhörprotokolle
  • Reformen des Kabinetts Struensee
  • Dethails authentiques et rémarquables sur l'histoire des comtes Struensee et Brandt