Nordistik
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

Exkursion nach Reykjavík April 2017

Exkursionsbericht

01.04.2017

Exkursionsbericht Reykjavík April 2017

Unsere Exkursion nach Reykjavík im April 2016 stand ganz im Zeichen der Kultur: Theaterbesuche, Kino, Kunst und Musik standen neben einer ganzen Reihe Museen auf dem Plan, die die alte und jüngere Geschichte Islands erzählten, uns Islands Fauna präsentierten oder seine Künstler ehrten. Wir, das waren die Masterstudenten mit Hauptsprache Isländisch in Begleitung unserer stets hochmotivierten und kreativen Dozentin und Fremdenführerin Katharina, die wirklich alles unternahm, um uns zum Isländisch-Sprechen zu zwingen (mit einigem Erfolg, wie hier angemerkt sein muss).Island1

Unsere Reise begann, chronologisch ganz zutreffend, am Montag, den 1. April (nein, kein Witz, diese Exkursion hat wirklich stattgefunden!), im Nationalmuseum Islands, das uns Fundstücke aus Zeiten, da Island noch in den Kinderschuhen steckte, bis zu den Geschmacksverirrungen der 50er Jahre präsentierte. Die wohl neueste Form des isländischen Kulturguts, den Film, führten wir uns dann abends in Form des in Cannes vertretenen Dramas Hrútar („Böcke“) zu Gemüte. Wie nahe Dramatik und Humor im isländischen Kino beieinanderliegen, ist immer wieder erstaunlich und führte zu angeregten Gesprächen im Anschluss.

Im Unterschied zu allen Isländern und nur unter den wachsamen Kamera-Linsen einiger übermotivierter Touristen starteten wir den Samstag früh mit einer Stadtführung der etwas anderen Art: Mithilfe einer ausgeklügelten Schnitzeljagd scheuchte Katharina uns einmal an sämtlichen Statuen, Denkmälern und anderen points of interest vorbei, die wir natürlich auch photographisch dokumentieren mussten. Damit der Spaß nicht zu kurz kam, waren aber auch Aufgaben wie das Finden einer Lieblings-CD im Traditionsplattenladen dabei. Trotzdem hatten wir uns eine AIsland2uszeit im Café Mokka redlich verdient, bevor es weiterging in das Prunkstück Reykjavíks: die Konzerthalle Harpa. Die dortige Führung verlieh uns tiefe Einblicke in die Konstruktion einer akustisch durchdachten Konzerthalle, was uns ein ganzneues (aber nicht zu viel!) Verständnis für das Jahrhundertprojekt Elbphilharmonie gab. Außerdem fügten wir unserem Programm einen spontanen Extrapunkt hinzu und beschlossen, ein paar Tage später der vormittäglichen Generalprobe der Philharmonie beizuwohnen, um die Wunder der Akustik, die uns versprochen worden waren, live testen zu können (Achtung, Spoiler: Es klingt wirklich so gut!).

Abgesehen vom Besuch des neuesten Museums vor Ort, „Whales of Iceland“ (für das wir zwar vielleicht nicht ganz die altersmäßige Zielgruppe waren, das uns aber trotzdem eine Menge über Wale lehrte) begaben wir uns am nächsten Tag mehrere Jahrhunderte bzw. über ein Jahrtausend zurück in der Zeit: Am Nachmittag besuchten wir die hochgelobte Ausstellung über die Landnahme Islands, die Ausgrabungen im Stadtzentrum von Reykjavík aus den ersten Jahren der Besiedlung präsentierte, und am Abend machten wir uns auf den Weg ins Theater, um eine grandiose Inszenierung der Njáls saga zu sehen, bei der wir in bester Gesellschaft waren, denn offenbar war die Hälfte der Reykjavíker Intelligenzia anwesend. „Inszenierung“ trifft als Begriff den Charakter der Aufführung nicht ganz, vielmehr wäre das Wort „Spektakel“ angebracht. In unserer Gruppe schieden sich die Geister zwischen den Fans modernen Theaters und eher traditionell geprägten Theatergängern. Da aber mir hier die Aufgabe zufällt, den Bericht zu schreiben, nehme ich mir heraus, meine eigene Meinung zu präsentieren und zeige mich begeistert!

Unser Besuch des Freilichtmuseums in Árbær (ein sehr schönes Museum, das das Leben im 18. Jahrhundert in Häusern der Epoche darstellt) wurde am 4. April von politischen Großereignissen in den Hintergrund gedrängt: Die Panama Papers schrien belastende Informationen über isländische Spitzenpolitiker in die Welt hinaus, und der Isländer an sich ist in so einem Fall schnell mit Plakaten und Kochtöpfen bei der Hand. Wir nutzten die Gelegenheit, hautnah ein Stück politischer Kultur mitzuerleben und versammelten uns mit einem Drittel der Bevölkerung von Reykjavík am Nachmittag vor dem Þinghús. Von isländischer Demonstrationskultur können wir uns hier in Deutschland gern ein bis zwei Scheiben abschneiden, denn die Veranstaltung lief mit minimaler Polizeipräsenz und ohne jegliche Gewalt ab. Neben Jugendlichen mit Blasinstrumenten demonstrierten Mütter mit Kinderwägen, Senioren und Anzugträger – im wahrsten Sinne die Stimme des Volkes, ganz ohne Krawall.

Island3Ruhiger, aber nicht weniger spannend ging es an den folgenden Tagen zu; ein Besuch in Reykjavík wäre kein Besuch in Reykjavik ohne die obligatorische Touristentour über den „Golden Circle“; wir ergaben uns also den Zwängen der Tradition und nutzten Mittwoch und Donnerstag, um die Umgebung der Hauptstadt mit Geysir, Wasserfällen, Steilküste und Gletschern zu erleben. Für die unter uns, die zuvor noch nicht auf Island gewesen waren, war das ein Erlebnis fürs Leben! Der Bezug zum Fach kam aber auch nicht zu kurz; so besuchten wir unter anderem auch den Standort des Bistums Skálholt, ohne den die Textproduktion des Mittelalters in dieser Form nicht möglich gewesen wäre, und Þingvellir, die alte Versammlungsstätte an der Kluft zwischen der nordamerikanischen und der eurasischen Platte.

Zum Schluss ließen wir die Woche ruhig ausklingen mit dem Probenbesuch in der Harpa und der Besichtigung einer ganz dem isländischen Künstler Jóhannes Sveinsson Kjarval gewidmeten Ausstellung. Einige von uns nutzten den Freitag noch, um einen Teil der Studierendentagung der Altskandinavistik an der Universität Íslands mitzuerleben. Zwar hatten wir keine eigenen Beiträge vorbereitet, konnten aber sehr von der Themenvielfalt und angeregten Gesprächen im Anschluss profitieren. Ein rundum gelungener Abschluss für eine rundum gelungene Exkursion!